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Kindheit bei den Himba

 

Dr.med.Horst Brodbeck, Ratingen April 2009


Einige Anmerkungen zur Kindheit bei den Himba

 

Dem Text liegen Darstellungen zur Kindheit bei den Himba der Ethnologin Anke Kuper zu Grunde, die diese im Rahmen des Himba-2002-Projektes zur Vorbereitung und Nachbearbeitung am 14.7.2002 und 25.6.2005 für unsere Ethnopsychoanalytische Forschungsgruppe gemacht hat. Mitglieder dieser Gruppe waren Dr. Horst Brodbeck, Dr. Irmgard Dettbarn, Maria Diederichsen, Dr. Volker Friedrich,  Angela Köhler-Weisker, Dr. Werner Korte, Eva Poluda-Korte, Dr. Elisabeth Warken, Ute Wordell und Anke Kuper.

Über die Forschungsreise hatte ich am 12.10.2003 in der Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft Köln-Düsseldorf unter dem Titel: "Begegnung mit dem Fremden -Ethnopsychoanalytische Erkundungen bei den Himba" und zusammen mit Angela Köhler-Weisker und Anke Kuper auf der DPV-Herbsttagung am 22.11.2003 unter dem Titel: "Ihr müsst alles mit allen teilen - ein ethnopsychoanalytischer Beitrag zu polygamen und monogamen Lebensformen am Beispiel der Himba" berichtet.

Durch meine Mitarbeit im Arbeitskreis "Familie, Kinder und nicht-elterliche Betreuung" des DPV-Ausschusses für "Öffentlichkeitsarbeit und interdisziplinärer Dialog" kam ich auf die Idee, meinen nächsten Besuch bei den Himba im Jahre 2008 mit dem Studium der frühen Mutter-Kind-Interaktion zu verknüpfen und meine Kontakte dort zur Säuglingsbeobachtung zu nutzen.

Ethnologische Beschreibungen über ein Thema wie hier die Kindheit bei den Himba gehen vom Allgemeinen aus, beschreiben eine Norm. Wir als Psychoanalytiker brauchen diese Norm für eine Einschätzung, wenn wir mit Individuen in einer fremden Kultur sprechen und dabei z.B. herausfinden, wie einzelne Personen unter dem gesellschaftlichen Druck des Normativen leiden. Dies soll hier aber nicht das Thema sein (vgl. DPV-Tagung 2003).

Die Himba leben nomadisch. Ihre Kultur beruht auf mündlicher Überlieferung. Erst die jüngste Generation lernt lesen und schreiben, dazu die Amtssprache Namibias, nämlich Englisch. Eine Schulpflicht gibt es erst seit wenigen Jahren von Staats wegen. Die Himba- Eltern sind in der Mehrzahl wegen der Schule um ihre Kultur besorgt.

Ich beginne mit der Darstellung des traditionellen Aufwachsens von Kleinkindern und Kindern.

Vorausschicken möchte ich eine kleine Episode, die ich 2002 beobachten konnte, die zeigt, dass die Erziehung schon unmittelbar nach der Geburt beginnt, obwohl die Neugeborenen in diesem Stadium noch als "Tierchen" gelten und ihre Menschwerdung mit dem Abfall der Nabelschnur beginnt. Ich konnte zusammen mit Ute Wordell eine junge Himba-Mutter in ihrer Hütte besuchen, die erst vor 3 h ihr erstes Kind geboren hatte. Sie lag im Dunkeln auf einer Decke, noch in den Nachwehen und neben ihr die Großmutter mit dem Neugeborenen auf dem Schoß, das übrigens überraschend hellhäutig war mit ganz rosigen Fußsohlen und Handflächen. Das Neugeborene versuchte immer wieder, Mittel- und Ringfinger in den Mund zu stecken und wurde von der Großmutter geduldig daran gehindert. Stattdessen versuchte diese mit einem kleinen Plastiklöffel ihm Wasser einzuträufeln. Wir erfuhren, dass Daumenlutschen verpönt ist.

Erziehung und Anleitung der Kinder ist also Aufgabe der Frauen, mit denen die Kinder, wenn sie klein sind und sich noch nicht den älteren Kindern anschließen können, den ganzen Tag und auch die Nacht gemeinsam verbringen. Auf die Rolle des Vaters komme ich später zurück. Die Väter sind ja die meiste Zeit, nämlich Tage, Wochen oder gar Monate unterwegs. In der Onganda, dem Gehöft, aus einer Anzahl von Hütten bestehend, jede Hütte beherbergt in der Regel einen Haushalt, leben die Mütter mit den Kindern und anderen Frauen wie z.B. Töchter, Schwestern, Cousinen und die Alten. Die Kinder sind also immer dabei und lernen durch Beobachtung und Nachahmen im Spiel. Die Kinder wachsen in einer Gemeinschaft auf, in der alle Erwachsenen Einfluss auf die Kinder nehmen, diese zu Verhaltenskorrekturen mahnen und zurechtweisen. Die Erwachsenen reden im Beisein der Kinder über diese, als wären sie nicht dabei, erklären dies damit, dass die Kinder noch keine "Intelligenz" hätten. Die Sauberkeitserziehung beginnt sehr früh, sie erfolgt zwar ohne Bestrafung, aber unter hohem gesellschaftlichem Druck im Alter von ein bis zwei Jahren. Die Entsorgung der Körperausscheidungen bis dahin erfolgt durch die Mutter auf diskrete Weise. Auch später ist alles Anale absolut tabu. Da es keine Toiletten gibt, geht man unauffällig "in den Busch zum Holzsammeln". Während die Mädchen nach dem Abfall des Nabels bereits einen Vorder- Schurz tragen, der dann mit etwa einem Jahr durch einen Hinterschurz ergänzt wird, erhalten Jungen erst mit einem Jahr den Vorderschurz und erst mit zwei Jahren den Hinterschurz. Genitalien und Hinterteil bleiben dann immer bedeckt. Verrutscht zum Beispiel im Spiel der Schurz, wird dieses unterbrochen und alles wieder hergerichtet. Mädchen werden besonders zur Achtsamkeit erzogen.

Während das Anale eine frühe Ächtung erfährt, werden die oralen Bedürfnisse lange toleriert und befriedigt. Im Gegensatz zu der sonstigen Uniformität in der Himba-Kultur, die sich zum Beispiel in der Kleiderordnung zeigt, herrscht hier eine große Toleranz, was individuelle Vorlieben und Abneigungen betrifft. Allerdings lernen die Kinder sehr früh die Spielregeln der Essensverteilung nach Lebensalter und Rangordnung. Für Säuglinge und Kleinkinder gilt aber noch, dass alle Grundbedürfnisse sofort befriedigt werden müssen. Die Fürsorge obliegt zwar der Mutter, aber auch alle anderen Frauen in der Onganda sind zuständig. Essen, d.h. Saugen an der Brust und Schlafen erfolgen nach Bedarf. Kinder dürfen nicht weinen, denn Weinen bringt Unglück. Wenn ein Kind weint, bedeutet dies, es will etwas und muss es kriegen. Besonders das erste Lebensjahr ist so erfüllt von viel Aufmerksamkeit und körperlicher Nähe, auch durch verschiedene Bezugspersonen. Solange das Kind nicht wirklich frei laufen kann, wird es in der Rückentrage überall mit hingenommen und nur bei der Arbeit abgelegt. Immer ist eine vertraute Person in der Nähe. Kleinkinder werden nie allein gelassen. Nachts schlafen sie im Bett der Mutter oder einer nahen Bezugsperson unter einer gemeinsamen Decke. Erst nach dem Abstillen liegen sie allein. Diese Aufmerksamkeit darf man sich jetzt aber nicht so gezielt oder auf ein Kind allein gerichtet vorstellen, sondern als ein wie selbstverständliches Dabeisein, eine Art Spielbeziehung mit Augen- und Körperkontakt. Jede Mutter ist zugleich für alle anderen Kinder im Gehöft da. So hat jedes Kind von Anfang an mehrere weibliche Bezugspersonen, häufig nahe Verwandte, die im Haushalt leben oder infolge der Polygamie die anderen Frauen des Vaters. Alle diese Frauen sind für das Kind Mütter und werden von ihm "Mama" genannt. Man muss also direkt danach fragen und erfährt dann, welche von den Frauen "die Mama, die mich geboren hat" ist.

Ich erwähnte schon das Abstillen. Bei den Himba ist eine lange Stillzeit üblich, meist 2-4 Jahre. Das Abstillen wird idealerweise dem Kind überlassen. Häufiger Anlass für das Abstillen ist, wenn die Mutter wieder schwanger geworden ist oder aber die Mutter verreisen muss und das Kind nicht mitnehmen kann. Es bleibt dann in der Obhut von Großmutter oder Tante, die den Abstillprozess begleiten. Üblicherweise erhält das Kind auch die Brust dieser Frau zur Beruhigung. Dies kann man auch beobachten, wenn die Mutter nur kurzzeitig abwesend ist und das Kind zu weinen beginnt. Die spätere gesellschaftliche Forderung, alles mit allen teilen zu müssen, scheint so die Folge der frühen Verfügbarkeit aller Brüste im Gehöft zu sein.

Daneben gibt es aber auch zum Teil abrupte Trennungen, wenn die Kinder etwas älter sind und den Haushalt wechseln, zum Beispiel in den eines Onkels gebracht werden. Kinder wissen sehr früh, dass dies passieren kann. Bei Mädchen kann auch Anlass sein, dass sie früh verheiratet wurden und dann in das Gehöft des Ehemannes umziehen müssen, um dort aufzuwachsen. Ein Mädchen kann bei der Verheiratung noch sehr jung sein z.B vier Jahre alt. Verheiratung ist eine soziale Verbindung, Sexualität kommt erst im erwachsenen Alter dazu. Heutzutage erfolgt der Umzug aber meistens erst nach der Menarche oder noch später. Diese Trennungen werden als sehr schmerzhaft erlebt und auch gefürchtet und führen häufig zu einem Konflikt in der Gemeinschaft zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen und der Bindung an das Kind. Die Folge davon scheint aber zu sein, dass unter den Himba ein eigenes verwandtschaftliches Netzwerk entsteht und ein intensives Zusammengehörigkeitsgefühl.

Kinder hatten bislang keine Schule, auch wenn sie im Alltag beständig Anleitungen erfuhren. Sobald sie eine gewisse motorische Selbstständigkeit erlangt haben, nehmen sie teil an der Kindergruppe. Diese hat viel Freiraum und ist nicht ständig unter Erwachsenenaufsicht. Die älteren Kinder übernehmen Verantwortung für die jüngeren. Kinder im fortgeschrittenen Alter schlafen nicht mehr bei den Müttern, sondern zusammen. Am Tage sind sie meist in der Gruppe, spielen im Busch. Es wird alles aus der Erwachsenenwelt nachgespielt. Sie bauen sich Gehöfte, Hütten, spielen Vater, Mutter, Kind, sind auch über sexuelle Vorgänge im Bilde und gehen weniger Scham besetzt damit um. Himba-Kinder lernen früh laufen, auch über längere Distanzen, denn die Nachbar-Onganda, wo Spielkameraden sind, liegt mitunter mehrere Kilometer entfernt. Himba-Kinder übernehmen schon sehr früh Aufgaben im Haushalt, selbst die kleinsten werden angeleitet und schon Vierjährige übernehmen Pflichten. Größere Kinder helfen beim Wasserholen und Ziegenhüten, die jungen Burschen bringen die Rinder des Gehöftes zu den Wasserstellen. Dort, wo wir waren, gab es noch keine Pumpen, nur die traditionellen Brunnen im trockenen Flussbett, oft 3 m tief, wobei das Grundwasser mit Eimern nach oben befördert und in die Tränke gegossen wird. Eine tägliche Knochenarbeit über mehrere Stunden.

Die Unterrichtung der Kinder erfolgt durch die Mutter entlang der Praxis des Alltags. Dies gilt auch für die Sitten und Gebräuche der in oraler Tradition stehenden Himba-Kultur. Während die Mutter dem Kind die täglichen Dinge des Lebens erklärt, ist der Vater für die spirituelle Welt zuständig. Doch davon später. Die Kinder werden immer wieder darin "trainiert", wer wie begrüßt werden muss, in welcher Reihenfolge geteilt werden muss, wie Bekleidung und Verhalten der Mädchen zu sein hat. Es wird erwartet, dass die Kinder sich für diese Einweisungen bedanken. Von besonderer Wichtigkeit sind für die Himba die Verwandtschaftsverhältnisse, über die ständig und als erstes, wenn sich Himba begegnen, Aufklärung angestrebt wird. Das komplizierte System hier zu erklären, würde zu weit wegführen. Kinder lernen aber beizeiten, wie die verwandtschaftlichen Verhältnisse im eigenen Gehöft und in der Nachbarschaft beschaffen sind. Vater, Mutter, Großeltern, Onkel, eigentlich alle Erwachsenen sind Respektspersonen, deren Namen (es gibt nur wenige Ausnahmen) nicht genannt werden dürfen. Himba haben Namen, die sie bei der Taufe erhalten, in Gebrauch sind aber die Spitznamen.

Noch einmal zurück zur Erziehung, die durchaus streng anmutet. Kinder müssen den Anweisungen folgen, die Erwachsene geben. Auch Drohung ist ein Erziehungsmittel, allerdings werden Schläge nur angedroht, nicht ausgeführt. Weinen ist verpönt, auch bei körperlichen Schmerzen. Jungen können allerdings schon mal wehleidiger sein. Bei Mädchen wird das Weinen mit dem Hinweis auf das spätere Gebären unterdrückt, es genügt der Hinweis: "Wenn du weinst, stirbt eine Kuh". Druck wird auch ausgeübt über Entwertungen und Herabsetzungen, aber Beleidigung oder Flüche sind verpönt. Wie gesagt, Schläge gibt es nur selten. Dies ist eher eine Frage des Stils des Haushaltes und seines Vorstandes.

Ich komme jetzt zur Rolle des Vaters. Eine Besonderheit der Himba-Kultur, die ja eine polygame Gesellschaft hervorgebracht hat, ist die soziale Vaterschaft. Ein verheirateter Mann hat per jure Eigentumsrechte an seinen Frauen und deren Kinder. Das gilt auch die Kinder betreffend, die biologisch von anderen Männern stammen. Allerdings werden diese Eigentumsrechte durch Regeln der Familie und der Gesellschaft eingegrenzt. Die Bindung zwischen einem Vater und seinen Kindern ist abhängig von der Qualität der Beziehung der Eltern. Im Allgemeinen sind Väter öfter abwesend als die Mütter, leben zum Beispiel in einem anderen Gehöft, ziehen mit den Rindern oder machen Reisen zu oft weit entfernten Verwandten. Scheidungen sind übrigens möglich und durchaus häufig.

Der Vater ist zuständig für die Taufe und die Namensgebung des Kindes. Mit diesem Akt dokumentiert er die Anerkennung der Vaterschaft und ermöglicht dem Kind die Aufnahme in die Gesellschaft. Damit übernimmt er die Verantwortung für das Wohl des Kindes. Dem Vater obliegt die spirituelle Unterweisung und er darf als einziger die Namen Verstorbener aussprechen und so die orale Tradition der Verwandtschaftsbeziehungen und der Ahnen weitergeben. Da die Ahnen schützen, vermittelt der Vater auch die spirituelle Sicherheit. Er kann die Kinder mit zum Ahnenfeuer nehmen. Der Vater macht Geschenke, schenkt Vieh an die Söhne, Schmuck an die Töchter. Allerdings gibt es große individuelle Unterschiede, abhängig wiederum von der Bindung der Eltern untereinander. Die erste Verheiratung eines Mannes wird von den Eltern arrangiert, erst die zweite Frau kann der Mann dann selber wählen. Die gesellschaftlichen Erwartungen an das Verhalten der Väter werden nicht immer erfüllt. Versagt ein Vater in seinen Pflichten oder wird er geschieden, übernimmt zum Beispiel der Vater der Mutter die soziale Vaterschaft. Die Folge ist, dass es kein Kind ohne sozialen Vater gibt.

Ich mache jetzt noch ein paar Bemerkungen zu den Kindheitsphasen, den Initiationsriten und zur altersgerechten Kleidung und Haartracht. Die verschiedenen Lebensphasen sind bei den Himba mit Übergangsritualen verknüpft. Ich beschränke mich hier auf Kindheit und Jugend. Ich erwähnte schon, dass das Neugeborene bis zum Abfall des Nabels "Tierchen" (Okapuka) genannt wird. Das ist natürlich nur symbolisch gemeint, denn schon dem ungeborenen Kind wird ein Willen zugesprochen und es nimmt bereits am Leben der Gemeinschaft teil. Es darf keinen Schaden nehmen und wird schon noch im Bauch beeinflusst. Ein Mensch wird das Neugeborene also mit Abfall des Nabels so nach einer Woche. Jetzt ist es ein Kind. Das erste Ritual ist dann der Eintritt ins Haus, die Aufnahme in den Haushalt. Taufe und die Namensgebung werden das nächste Ritual. Der Zeitpunkt dafür hängt vom Vater ab, kann manchmal dauern. Vom Besitzer des Ahnenfeuers wird der "Große Namen" vergeben, aber auch jeder andere aus der Familie kann dem Kind einen Namen geben. Die Wahl des Namens hängt von der Art des Kindes ab. Die Himba sagen, der Name stecke in dem Kind, man müsse ihn nur herausfinden.

Das Kind bekommt unabhängig vom Geschlecht zwei Perlenschnüre, eine für den Hals, eine für den Bauch. Mädchen bekommen sehr früh einen Schurz, um die Scham zu bedecken, und wenn es sich drehen kann, auch für die Rückseite. Der Schurz wird mit einer Kette aus Straußeneischale um die Hüfte getragen. Wenn das Kind krabbeln kann, wird die erste Kette durch einen Perlenhalsreif ersetzt, aus dem später dann der typische Halsring (Okambamba) wird. Mädchen tragen auch ein Unterröckchen aus Perlen (Etanda). Wenn sie 2-3 Jahre alt sind, erhalten sie einen Ledergürtel mit den typischen Eisenperlen. Auch Jungen tragen dann einen Ledergürtel, manchmal mit Schnüren, an denen der Vorderschurz hält. Die Köpfe der kleinen Jungen sind fast kahl, bis auf kurz geschorene, parallel von vorn nach hinten verlaufende schmale Streifen, meist fünf an der Zahl. Da die Bekleidung in diesem frühen Alter sich wenig von denen der Mädchen unterscheidet, ist das Geschlecht am Kopf zu erkennen.

Jungen werden beschnitten. Dies geschieht im Allgemeinen zwischen dem dritten und achten Lebensjahr. Die Beschneidung ist ein weiteres Ritual und gibt Anlass zu einem großen Fest mit Schlachtung. Es erfolgt eine Zeremonie am Ahnenfeuer und die Einkleidung. Der beschnittene Junge bekommt die Zöpfe nach hinten, den Brustschmuck der Männer in Form zweier gekreuzter Bänder und das traditionelle Tuch als Schurz. Die Beschneidung - auf Einzelheiten will ich hier nicht eingehen - erfolgt meist in der Winterzeit zu mehreren, die aber zum gleichen Ahnenfeuer gehören müssen. Aus den zwei nach hinten getragenen Zöpfen wird im Alter von 10-13 der für die jungen Männer typische Zopf (Ondata), der bis zur Verheiratung so bleibt. Etwa zur gleichen Zeit wurden früher die mittleren Zähne im Unterkiefer entfernt. Diese Zahnlücke, häufig ergänzt durch nach außen schräg abgeschnittene Schneidezähne im Oberkiefer waren typische Zeichen für die Zugehörigkeit zu den Himba. Es scheint aber, dass diese Tradition allmählich aufgegeben wurde.

Mädchen tragen vor der Pubertät das Haar in zwei Zöpfen nach vorne. Etwas älteren Mädchen, so ab 10 Jahre, tragen Reifen aus Plastik, die allerdings keine rituelle Bedeutung haben, einfach als Schmuck getragen werden. Der nächste bedeutende Übergang erfolgt dann mit der Menarche. Das betreffende Mädchen vertraut sich einer Cousine an, denn sie muss jetzt unter Umständen für mehrere Tage "in den Busch gehen", da der Zustand der Menstruation als unrein gilt. Nach dem Ende kommt sie mit den sie begleitenden Mädchen zurück ins Gehöft zum Menarchefest. Dies ist mit Einkleidung verbunden, es wird ein Tier meist eine Ziege, geschlachtet, gefeiert und getanzt. Das Fest stiftet der Vater, ebenso die Kleidung und den Schmuck. Der neue Gürtel kommt von der Mutter. Die Zöpfchenfrisur verändert sich, die Haare hängen jetzt zur Seite und nach hinten. Die junge Frau erhält die Ohumba, den Brustschmuck mit dem Schneckenhaus, dazu den festen Halsreif, auch Fußfesselschmuck. Sie trägt jetzt die Kleidung der erwachsenen Frau, einen Vorderschurz am Ledergürtel, einen Lederrock, dazu ein Häubchen als Kopfschmuck. Es macht übrigens keinen Unterschied, ob das Mädchen zum Zeitpunkt der Menarche bereits verheiratet worden ist oder nicht. Auf das Ritual der Heirat kann ich jetzt hier nicht eingehen.

Abschließend noch ein Wort zu der Gruppenbildung bei den Kindern. Die Zugehörigkeit zu einer Altersklasse, nach Geschlechtern getrennt, bleibt lebenslang erhalten. Man wächst zusammen auf und geht zusammen durchs Leben. Der Name, mit dem man in seiner Altersklasse gerufen wurde, oft ein Scherzname, bleibt ein Leben lang.

 

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